Eindrücke vom Kurs „Rosen veredeln“ bei der Bioland Rosenschule Ruf
Weil zwischen Theorie und Praxis ein himmelgroßer Unterschied besteht und ich gerne selbst ausprobieren wollte, wie eine Rose veredelt wird, hatte ich mich bei der Bioland Rosenschule Ruf in Steinfurth zum Kurs „Wie eine neue Rose entsteht“ angemeldet. In der Beschreibung hieß es, dass die Teilnehmer nicht nur in das Geheimnis der Rosenveredelung eingeweiht werden, sondern auch selbst eine Rose veredeln und mit nach Hause nehmen dürfen. Die Rosenschule Ruf kenne ich gut, die meisten meiner Rosen im Garten habe ich dort gekauft und ich fahre immer wieder gerne zu einem Besuch des Rosengartens in die Wetterau.
Endlich gehts los!
Der lang herbei gesehnte Tag war endlich gekommen und nicht nur ich, sondern auch die anderen fünfzehn Kursteilnehmer hofften auf gutes Wetter. Der Himmel meinte es gut mit uns, es war zwar kühl, aber wenigstens trocken. In den Tagen und Wochen vorher regnete es sehr viel und es war teils sehr kalt, also kein gutes Wetter dieses Jahr für die Rosenbauern. Denn der Sommer kam im April mit Hitze und lange anhaltender Trockenheit und verabschiedete sich erstmal im Mai.
Die Rosenschulen sind sehr von der Witterung abhängig, es kann nicht bei jedem Wetter okuliert werden. Ist es zu kalt und nass, geht es mit der Arbeit nicht voran und die okulierten Rosen wachsen nicht. Optimal sind Wärme und Sonne, aber das Wetter lässt sich nicht beeinflussen.
Um 9.00 Uhr war Treffpunkt am Rosenlädchen, es fand sich eine bunt gemischte Gruppe zusammen, geeint durch die Freude an Rosen und dem Wunsch zu lernen wie eine Rose veredelt wird. Ich war aufgeregt, freute mich sehr darauf und es ging nicht nur mir so. Das Ehepaar Ruf begrüßte uns und gab eine kleine Einführung bevor wir zum Rosenfeld gefahren wurden. Das Feld, auf dem zur Zeit die Rosen wachsen, ist etwa 18 km von Steinfurth entfernt. Ich fuhr im Auto von Frau Ruf mit und sie erzählte unterwegs von der Arbeit mit den Rosen.
Frau Ruf erzählt über die Arbeit in der Rosenschule
Die Bioland Rosenschule Ruf ist ein Familienunternehmen und alle Mitglieder der Familie, auch der Seniorchef, der Opa von Herrn Ruf, inzwischen über 80 Jahre, arbeiten mit. Die Rosenfelder werden biologisch-dynamisch nach den Bioland-Vorgaben bewirtschaftet, die Unkrautbekämpfung erfolgt mechanisch. Nur wenige Maschinen, wie Traktor mit verschiedenen Geräten und Rosenpflanzmaschine, erleichtern die schwere Arbeit und es ist noch viel Handarbeit notwendig. Natürliche Düngung und biologischer Pflanzenschutz, sowie konsequente Auswahl von widerstandsfähigen Rosen bilden die Grundlage für die schönen, gesunden Rosen der Bioland-Rosenschule.
Wegen der Rosenmüdigkeit (diese ist noch nicht endgültig erforscht; es scheinen mehrere Ursachen verantwortlich zu sein, weshalb Rosen nicht nach Rosen gepflanzt werden können) müssen die Rosenbauern 10 Jahre warten, bis wieder Rosen auf dem selben Acker wachsen dürfen. Darum werden immer wieder neue Felder angepachtet. Auf die Felder, die von der Rosenschule Ruf angepachtet werden, kommen im ersten Jahr noch keine Rosen, sondern Gründüngung. Im zweiten Frühjahr werden die „Unterlagen“, auf die im gleichen Sommer die Rosen veredelt werden, gepflanzt. Erst im darauf folgenden Jahr, also nach drei Jahren, sind die veredelten Rosen bereit zum Verkauf. Die Rosen-Hochstämmchen benötigen noch ein weiteres Jahr bis sie in den Handel kommen.
Vorbereitungen
Am Rosenfeld angekommen wurden Vorbereitungen für den praktischen Teil getroffen. Zuerst demonstrierten Frau und Herr Ruf auf dem Feld das Okulieren.
Der „Putzer“, der die Wurzelhälse der Unterlagen von Erde und Schmutz befreit, ist der Erste im Team der Veredler. Danach folgt das Okulieren selbst. Manchmal ist dies eine Frau, die im Akkord arbeitet. Eine gute Fachkraft kann es am Tag auf über 2000 Veredelungen bringen. Zum Schluss kommt der „Klacker“, der einen Okulier-Schnellverschluss über der Schnittstelle mit dem eingesetzten Auge zum Schutz gegen Verschmutzung anbringt. Überhaupt sind Sauberkeit und Schnelligkeit oberstes Gebot. Alles wird in Handarbeit, die sich über Wochen hinzieht, jeweils 10 Stunden am Tag bei gutem und schlechtem Wetter, erledigt. Ich kann sehr gut nachempfinden, wie schwer diese Arbeit ist!
Trockenübung
Nun waren wir dran: Herr Ruf hatte Weidenzweige auf zwei Tischen vorbereitet, an denen wir das Veredeln üben konnten.
Das war eine prima Idee, denn was beim Ehepaar Ruf so leicht und gekonnt von der Hand ging, erwies sich als ziemlich schwierig für uns Laien. Die Okuliermesser, die Herr Ruf extra für den Kurs angeschafft hatte, waren höllisch scharf, da ging auch mal ein Schnitt nicht in die Weide, sondern in den Finger.
Rosen aussuchen
Nach einer Frühstückspause kam, wie ich finde, der schönste Teil dieses Tages: Jeder Teilnehmer durfte sich zwei Rosen aussuchen, die er veredeln wollte. Mit dem Ehepaar Ruf gingen wir über das Feld mit den Mutterpflanzen, welch ein Duft!
Wir blieben immer wieder stehen und ließen uns die Sorten erklären, überlegten, verwarfen und entschieden uns schließlich. Frau und Herr Ruf schnitten die Edelreiser und hatten alle Hände voll zu tun bis alle Fragen beantwortet und alle Teilnehmer versorgt waren. Zwischendurch kamen wir Teilnehmer auch untereinander ins Gespräch, das sich vor allem um Rosen drehte.
Die erste Rose selbst okuliert
Wieder zurück am Feldrand übten wir nochmals an den Weidenzweigen bevor es Ernst wurde und das war gut so. Während des Spaziergangs über das Rosenfeld geriet der praktische Teil bei mir in den Hintergrund.
Jeder von uns bekam 2 getopfte Unterlagen und sollte nun sein Glück versuchen. Ich vergaß vor lauter Anspannung und Konzentration das Atmen! Mit Unterstützung von Frau Ruf setzte ich das Auge in den vorbereiteten T-Schnitt und versorgte es mit einem Verschluss.
Ausklang
Alles wurde wieder in den Anhänger geladen und es ging zurück zur Rosenschule. Hier bekamen wir hilfreiche Tipps, wie wir denn mit unseren Schätzchen weiter umgehen sollten. Wir erfuhren auch, dass bei den Profis nicht alle veredelten Rosen auch anwachsen, bis zu 20% gehen ein. So werden wir hoffen, pflegen und die Daumen drücken für unsere selbst veredelten Rosen. Zum Schluss rezitierte Herr Ruf ein Gedicht von Wilhelm Busch aus „Am Vorabend von Rosens Geburtstag“. So klang ein wunderschöner Tag aus, wir hatten viel gelernt, vor allem die Arbeit der Rosenschuler und die Rosenpflanzen noch mehr als vorher zu würdigen. Ein großes Kompliment und Dankeschön geht an Sabine und Werner Ruf für ihre kurzweilige, ungezwungene, lockere Art uns die Theorie und Praxis der Rosenveredelung nahe zu bringen.
Anzumerken ist, dass selbst veredelte Rosen nicht verkauft werden dürfen. Rosenschuler müssen dem Züchter für jede veredelte Rose eine Lizenzgebühr bezahlen. Es ist erlaubt, eine Rose für sich selbst zu veredeln oder einem lieben Menschen zum Geschenk zu machen.
Kurzfassung Rosen veredeln:
- Ein Edelreis aussuchen, abschneiden: Trieb mit Blüte, die schon am Verblühen ist, die Stacheln sollen leicht abgehen
- Blätter abschneiden; kurzes Blattstück zum Schutz des Auges wird dran gelassen
- Blüten abschneiden
- Stacheln vorsichtig nach der Seite hin abstreifen
- Wildling (Unterlage), der im April gepflanzt und angehäufelt wurde, aussuchen und vorbereiten:
- Wurzelhals der Unterlage freilegen, säubern, Sauberkeit ist sehr wichtig
- Auge vom Reis schneiden und mit T-Schnitt am Wurzelhals des Wildlings einsetzen
- Schnitt vorsichtig zusammendrücken
- Schützen durch OSV-Verschluss (Okulier-Schnell-Verschluss), verrottet und springt ab
- Später Anhäufeln über Veredelungsstelle, bleibt bis nächstes Frühjahr
- Abhäufeln
- Über Veredelungsstelle abschneiden, veredelte Rose fängt an zu wachsen
- Der Trieb wird pinziert (auf Höhe von 3 -4 schlafenden Augen abgeschnitten), damit das Wachstum der Seitentriebe angeregt wird und sich die Rose gut verzweigt
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